In diesem Projekt waren die selbstentworfenen Stempel von Klaus Harth Ausgangspunkt für die Idee, gestempelte Blätter in der physischen Welt postalisch auszutauschen. Der merkwürdig formalen/trivialen Qualität  des Stempels war zwar eine gewisse Priorität eingeräumt, doch wurde schnell klar, dass die Teilnehmer die Technik ihrer Bearbeitung ganz nach Bedarf und inhaltlicher Notwendigkeit wählen konnten. So finden sich auf den Blättern zum einen die unterschiedlichsten Stempeltechniken, zum anderen Zeichnungen und malerische Elemente, Texte und Schriften, Collagen, Fettflecken, … 

Jeder „Bearbeiter“ befragte das Blatt, das er erhalten hatte, auf die in ihm angelegte Aussage und führte das Erspürte in seiner Art fort, legte neue Fährten, ergänzte, widersprach oder verstärkte das Vorgefundene.  

Auf diese Weise entstanden die ungewöhnlichsten Arbeiten, die überraschende und differenzierte Geschichten erzählen oder sich in eine geheimnisvolle Zwischenwelt der Unausdeutbarkeit hin entziehen. Stets bleibt erkennbar, dass hier verschiedene, erfahrene Künstlerpersönlichkeiten zusammen wirkten, die sich auf erstaunliche Weise ergänzten und dadurch eine neue Aussagequalität schufen. Erfahrbar ist das Maß an „sich-zurücknehmen“ oder zuweilen ganz zu schweigen, bei einem Blatt, das seine Aussage schon gefunden hatte, bis hin zum finalen „Fertigmachen“ eines Blattes, was hier zuweilen bedeutete, einer Sammlung an Einzelteilen, die sich noch nicht so recht auf den gemeinsamen Nenner geeinigt hatten, die künstlerische Klammer und Abrundung zu verleihen, ohne das bereits Bestehende zu beschädigen.  

Während des zweiten Corona-Lockdowns (bis März 2021) sind auf diese Weise über 50 Blätter entstanden.  

Tanja Leonhardt